Sorgen über Öl- und Gaspreise belasten die Transportbranche und den Güterkraftverkehr
11. März 2022Speditionen und Logistiker haben Alternativen zu einer „harten Bremsung“
Regel-Insolvenz kann durch ein Moratorium bzw. ein modernes Sanierungsverfahren verhindert werden.
Wegen der steigenden Öl- und Dieselpreise dürfte der Güterkraftverkehr Schwierigkeiten bekommen. Und das sind fast 47.000 Unternehmen, darunter 7.000 aus dem Mittelstand. Im Straßengüterverkehr sind deutschlandweit rund 400 000 Lastwagen unterwegs.
Zwar ist eine „Insolvenzwelle“ im deutschen Transportlogistikgewerbe wohl nicht in Sicht, aber aufgrund der extrem steigenden Preise für Diesel dürfte die finanzielle Belastungsgrenze vieler Transportunternehmen erreicht sein. Die Geschäftsführer sollten jedenfalls handeln, entweder durch Verhandlungen mit den Kunden über höhere Vergütungen, also „bessere Tickets“, oder durch die sofortige Anwendung der „Dieselfloater“, so die Verträge Preisanpassungsklauseln hergeben. Sollte das nicht gelingen, könnten einige Speditionen und Logistiker Verluste einfahren, jedenfalls in Liquiditätsenge geraten. Und dann muss rasch agiert werden.
Die Unternehmer müssen erreichen, die prozentualen Kosten für Treibstoff im Fernverkehr (wieder) auf 25 Prozent der Kosten zu begrenzen. Die Hoffnung auf eine etwa für die Branche verringerte Mineralölsteuer und damit einen günstigeren „Gewerbediesel“ könnte unbegründet sein, vermutlich würde es Monate dauern, bis eine solche Vergünstigung umgesetzt wäre. Das hilft den Spediteuren aber kurzfristig nicht.
Auch in der Krise stoppen die Touren keinesfalls. Im Gegenteil. Die Unternehmer haben eine Reihe von Möglichkeiten, sich zu sanieren und sich mit Hilfe Ihrer Kunden und Lieferanten (Gläubiger) neu aufzustellen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Das Problem stellt sich auch für die Flugbranche. Der höhere Ölpreis sowie steigende Gebühren an Flughäfen und für Sicherheitskontrollen erzwingen praktisch Preiserhöhungen. Offen ist, ob die Carrier die notwendigen höheren Preise durchsetzen können. Erschwerend kommt hinzu, dass den Airlines weiterhin Geschäftsreisende fehlen. Die Gesellschaften müssen daher mit mehr Flügen zu Urlaubszielen im Mittelmeerraum planen.
Transportunternehmer sollten und müssen ggf. ihre Gläubiger um Stundungen bitten und das optimal verhandeln. Jedenfalls kann eine „Regel-Insolvenz“ durch ein Moratorium bzw. ein modernes Sanierungsverfahren verhindert werden. Ein Verfahren ist der „Schutzschirm“ nach dem ESUG. Aber es gibt inzwischen auch andere Sanierungs-Werkzeuge.
Nach dem „Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ (ESUG) aus 2013 ist das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFOG) zum 01.01.2021 die nächste „große Sanierungsreform“. Das SanInsFOG beinhaltet neben dem „Unternehmensstabilisierungs- und –restrukturierungsgesetz“ (StaRUG) weitreichende gesetzliche Anpassungen im Bereich der InsO und des COVInsAG. Die Restrukturierungsmaßnahmen nach dem dt. „Schutzschirm“ gemäß § 270d InsO und der präventive Restrukturierungsrahmen nach StaRUG sind inzwischen im offensiven Wettbewerb mit dem englischen „Scheme-of-Arrangement“ und dem niederländischen „Wet Homologatie Onderhands Akkoord“ (WHOA).
Das ESUG zum 01.01.2013 und das StaRUG zum 01.01.2021 brachten jeweils eine Fülle von Neuerungen, Möglichkeiten und Klarstellungen für Unternehmer, Gesellschafter und Geschäftsleiter. Das Insolvenzrecht wurde auch in 2021 fortentwickelt, vor allem, weil ab 2021 eine Sanierung via Restrukturierungsrahmen möglich ist. Das wurde in der Praxis bisher aber eher selten eingesetzt, weil das Verfahren recht komplex und teuer ist.
Die bisherigen Möglichkeiten eines Insolvenzplans – mit oder ohne Eigenverwaltung – bleiben erhalten, so dass es für den sanierungswilligen Unternehmer mehrere Alternativen gibt. In jedem Fall bedarf es profunder Überlegungen des Unternehmers und eines erfahrenen „Lotsen“ auf der – nicht ungefährlichen – Route.