Arbeitgeber trägt bei Corona-Schließung kein Arbeitsausfallrisiko
24. November 2021Wer trägt das Risiko des Arbeitsausfalls bei einem Lockdown? Jedenfalls nicht der Arbeitgeber, so eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Der Arbeitgeber sei daher nicht verpflichtet, einem Arbeitnehmer die Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs weiter zu zahlen.
Der Fall: Der Arbeitgeber betrieb einen Handel für Nähmaschinen, u.a. mit einer Filiale in Bremen. Dort war die Arbeitnehmerin seit 2019 als geringfügig Beschäftigte im Verkauf tätig. Im April 2020 wurde das Ladengeschäft aufgrund einer örtlichen Allgemeinverfügung im Folge der Pandemie geschlossen. Der Arbeitgeber konnte die Klägerin nicht beschäftigen und zahlte ihr auch keine Vergütung.
Hiergegen klagte die Arbeitnehmerin: Sie verlangte die Fortzahlung der Zahlung ihrer Vergütung in der Zeit der Betriebsschließung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Bei der erzwungenen Filialschließung handele es sich um einen Fall des vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos. Dagegen wandte der Arbeitgeber ein, die Corona bedingten Schließungen beträfen das allgemeine Lebensrisiko, das nicht beherrschbar und von allen, also auch von den Arbeitnehmern, gleichermaßen zu tragen sei.
Die Vorinstanzen gaben der Klage zugunsten der Arbeitnehmerin statt und verurteilten den Arbeitgeber zu Fortzahlung der Vergütung während der Betriebsschließung.
Die Revision beim Bundesarbeitsgericht hatte dagegen Erfolg und entschied zugunsten des Arbeitgebers: Dieser müsse die Vergütung in der Zeit der behördlich angeordneten Betriebsschließung nicht zahlen.
Der Arbeitgeber, so das Bundesarbeitsgericht, trage nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn es – wie hier – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen zu einem flächendeckenden Lockdown komme. In einem solchen Fall realisiere sich kein Betriebsrisiko, so das Bundesarbeitsgericht, vielmehr sei die fehlende Möglichkeit der Arbeitsleistung Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Es sei Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen. Soweit ein solcher wie bei der Arbeitnehmerin als geringfügig Beschäftigter, die vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen ist, nicht gewährleistet sei, beruhe dies auf Lücken im sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Hieraus lasse sich jedoch keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten.