Beraterhonorare und Sanierungskonzepte
3. Juni 2022BGH, Urteil vom 3.3.2022 – IX ZR 78/20 –
Vorsatzanfechtung von Beraterhonoraren für Sanierungskonzepte
Die Vorsatzanfechtung von Beraterhonoraren für Sanierungskonzepte und – untaugliche – Sanierungsversuche mithilfe eines Sanierungsberaters beschäftigen die Justiz seit Jahren. Mit Urteil des BGH 3.3.2022 – IX ZR 78/20- setzt sich der Senat mit div. Fragen rund um die Vorsatzanfechtung von Beraterhonoraren für Sanierungskonzepte auseinander. Sanierungsversuche mithilfe eines Sanierungsberaters werden nicht per se Rechtfertigung für eine defizitäre Betriebsfortführung sein.
Das Urteil ist umfangreich und hat insgesamt elf Leitsätze. Hinzuweise ist etwa auf den 1. Leitsatz, mit dem der BGH der Ansicht des dortigen Klägers eine Absage erteilt., dieser Zeitraum werde durch die aus §§ INSO § 15a, INSO § 15b InsO folgenden Insolvenzantragsfristen und Unterlassungsgebote begrenzt (Rn. 27 ff.). Dieser Sichtweise ist grundsätzlich zuzustimmen, da der Schuldner nicht zwangsläufig mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt, wenn er seine Pflichten aus §§ INSO § 15a, INSO § 15b InsO verletzt (so auch Ellers DB 2021, DB Jahr 2021 Seite 2678 (DB Jahr 2021 2682) Hacker, BeckOnline).
Sanierungsversuch mithilfe eines Sanierungsberaters
Der BGH beschäftigt sich ausführlich (Rn. 81 bis 96) mit der Frage, ob bzw. wann ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorliegt. Der BGH greift auf seine vorherige Rechtsprechung zurück, etwa das Urteil vom 12.5.2016 und die dortigen Grundsätze eines vorsatzausschließenden Sanierungskonzepts (BGH NZI 2016, NZI Jahr 2016 Seite 636). Bemerkenswert ist die Feststellung (Rn. 86), dass ein Sanierungskonzept nicht risikolos sein muss. Wichtig ist, dass der Schuldner und seine Berater die Einschätzung laufend überprüfen müssen. Mit Ls. 2b fordert der BGH, dass sich die Einschätzung des Schuldners und seiner rechtlichen Berater immer an den zum Zeitpunkt der Umsetzung des Sanierungskonzepts vorliegenden rechtlichen und tatsächlichen Begebenheiten orientieren muss.
Bedeutsam für die Praxis sind einerseits die Ex-Ante- Sicht und andererseits die Klarstellung des BGH (Rn. 87), dass die für das Sanierungskonzept erforderliche Zustimmung von Anleihegläubigern und Aktionären nicht vor der jeweiligen Anleihegläubiger- bzw. Hauptversammlung, in der kollektiv abgestimmt wird, rechtlich verbindlich eingeholt werden muss. Dies wäre in der Praxis auch nicht zu schaffen oder gar auch unmöglich.
Selbst wenn das Sanierungskonzept nach diesen Maßstäben gescheitert ist, bedeutet dies allerdings nicht zwangsläufig, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt. Der Schuldner muss das Scheitern auch erkennen oder billigend in Kauf nehmen. Lässt sich der Schuldner professionell beraten, darf er – so die Feststellung in Ls. 2c – grundsätzlich auf die Einschätzung seiner Berater vertrauen und dieser folgen, selbst wenn sich hinterher herausstellen sollte, dass diese falsch war.
Sanierungskonzept muss vorliegen, aber noch nicht umgesetzt sein
Schließlich gibt der BGH im Ls. 2e seine bisherige Position auf, dass das Sanierungskonzept schon in den Anfängen umgesetzt sein müsste und damit auch die Beauftragung und Bezahlung notwendiger Vorbereitungsschritte einer Sanierung, wie die Prüfung von Sanierungsoptionen und die Ausarbeitung des Sanierungskonzepts, Bestandteil eines vorsatzausschließenden Sanierungsversuchs sein können. Es reicht vielmehr aus, dass ein plausibles Sanierungskonzept erst einmal vorliegt. Weiteres ist im Einzelfall zu untersuchen und zu werten.
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