Außerordentliche Kündigung wegen des Aufladens eines privaten PKW am Arbeitsplatz

8. Mai 2024

Das Arbeitsgericht Duisburg hat am 10.03.2023 (Az. 5 Ca 138/22) entschieden, dass das unerlaubte Aufladen des privaten PKW durch den Mitarbeiter auf Kosten des Arbeitgebers einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darstellen und damit eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Sofern durch den Arbeitgeber jedoch das Aufladen anderer Elektrogeräte geduldet wird, ist eine vorherige Abmahnung durch den Arbeitgeber erforderlich.

Zur Entscheidung:

1) Sachverhalt

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.07.2018 als Rezeptionist beschäftigt. Am 12.01.2022 lud er seinen privaten PKW an einer 220 Volt Steckdose, die sich im Flur des Seminartraktes der Beklagten befindet. Dadurch hat der Kläger Strom im Wert von etwa 40 Cent entwendet. Bereits zuvor hat der Kläger sein Auto mehrfach im Betrieb der Beklagten geladen. In der Hausordnung der Beklagten, welche sich jedoch an die Gäste richtet, steht, dass das Aufladen von Akkus für Elektromotoren in den Räumen der Beklagten aus Sicherheitsgründen untersagt ist. Das Aufladen von privaten, kleineren Elektrogeräten (zB Handys) wurde von der Beklagten geduldet.

Aufgrund des Aufladevorgangs vom 12.01.2022 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 13.01.2022 fristlos. Dagegen hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben.

2) Entscheidung des Gerichts

Das Gericht hat entschieden, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist.

In dem mehrmaligen, unerlaubten Aufladen des privaten PKWs durch den Kläger liegt dem ArbG Duisburg zufolge grundsätzlich ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB. Sofern ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche – ggfs. strafbare – Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers begehe, verletze er seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 II BGB erheblich. Zudem missbrauche er unabhängig von der Schadenshöhe das in ihn gesetzte Vertrauen.

Dies rechtfertige jedoch laut dem ArbG Duisburg im hiesigen Einzelfall in Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen keine außerordentliche Kündigung. Vielmehr wäre hier eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen. Im Rahmen der Bewertung der Pflichtverletzung des Klägers sei zu berücksichtigen, dass das Laden kleinerer elektronischer Geräte bei der Beklagten zumindest teilweise geduldet wurde. Vor diesem Hintergrund könne trotz des strafbewehrten Verhaltens des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass ihm ohne weiteres klar sein musste, dass der Beklagte das Verhalten nicht dulden werde und er damit den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses gefährde. 

Hintergrund:

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Ob ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 27. 4. 2006 – 2 AZR 386/05; BAG, Urteil vom 10. 12. 2009 – 2 AZR 534/08; BAG, Urteil vom 28. 1. 2010 – 2 AZR 1008/08) zweistufig ermittelt: Zunächst ist auf der ersten Stufe zu ermitteln, ob der Sachverhalt abstrakt einen wichtigen Grund darstellen kann. Sofern dies der Fall ist, wird auf der zweiten Stufe geprüft, ob der Sachverhalt auch im konkreten Fall einen wichtigen Grund darstellt. Hierbei ist insbesondere darauf abzustellen, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht.

Die im Rahmen Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umständen lassen sich nicht abschließend und für alle Fälle einheitlich festlegen. Sofern es um die Beurteilung rechtswidrigen schuldhaften Verhaltens des Arbeitnehmers geht, sind jedoch insbesondere die beanstandungsfreie Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr und der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers miteinzubeziehen (BAG, Urteil vom 28. 1. 2010 – 2 AZR 1008/08).

Anmerkung:

Wer unerlaubt am Arbeitsplatz private Elektrogeräte lädt, riskiert eine (fristlose) Kündigung. Denn der Stromanschluss ist Teil des Betriebs und die Stromkosten bezahlt der Arbeitgeber. Um Klarheit hinsichtlich des Aufladens privater Elektrogeräte im Unternehmen zu schaffen, sollten klare Regelungen getroffen werden.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben oder eine rechtliche Beratung im Arbeitsrecht benötigen, können Sie sich gerne an das erfahrene Arbeitsrechtsteam von ATN Rechtsanwälte wenden.

Dieser Beitrag entstand durch die Co-Autorschaft von Herrn Philipp Leuchten, Rechtsreferendar bei ATN Rechtsanwälte.

 

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Sanierungslösung für die I.Con Garcia Industrielackierung GmbH

18. März 2024

Sanierungslösung: Investor übernimmt I.Con Garcia Industrielackierung GmbH in Velbert

  • Insolvenzverwalter Dr. Marc dAvoine mit seinem Team um RA Robin Schmahl und David Offer findet Investorenlösung
  • Unternehmensberatung Dr. Roth begleitet den Prozess und das Verfahren
  • Sämtliche Arbeitsplätze bleiben erhalten

Velbert, 16.03.2024. Für die I.Con Garcia Industrielackierung GmbH wurde eine Investorenlösung gefunden: Die neu gegründete I.Con Garcia OFB-Technik GmbH aus Velbert übernimmt bereits mit Wirkung zum 1. März 2024 die renommierte Industrielackiererei mit Sitz in Velbert. Das Unternehmen kann damit weiterbestehen, den langjährigen Kunden in der Automobilzuliefererindustrie bleibt eine Auftragsverlagerung erspart. Die Investoren rund um Herrn Rohde haben ein neues, motiviertes Managerteam installiert, das das Unternehmen mittelfristig zu seiner alten Stärke zurückführen will. Alle Arbeitsplätze bleiben im Zuge der Investorenlösung erhalten.

 

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

ATN unterstützt INTERBODEN bei der Neuausrichtung

13. Februar 2024

Die aktuelle Lage im Projektgeschäft und Baugewerbe ist angespannt. Auch die Dachgesellschaft der INTERBODEN Gruppe, die INTERBODEN GmbH & Co. KG, musste nun notwendige Schritte einleiten und stellte am 07.02.2024 beim Amtsgericht Düsseldorf einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Für die Zwischenholdings INTERBODEN Gewerbewelten GmbH & Co. KG und INTERBODEN Lebenswelten GmbH & Co. KG wurden ebenfalls Anträge gestellt, dort im Regelverfahren. Das Amtsgericht gab den Anträgen jeweils statt. Ziel ist eine Sanierung der gesamten Gruppe. Die Verfahren werden durch ATN als Experten für Unternehmenssanierung begleitet.

Die INTERBODEN GmbH & Co. KG ist ein mittelständisches Familienunternehmen mit mehr als 70 Jahren Erfahrung, das innovative Immobilienprojekte umsetzt. Dabei konzentriert es sich vornehmlich auf die Region des Rheinlands. Besonderes Merkmal bei der Entwicklung und Umsetzung von Wohnquartieren und Gewerbeimmobilien ist die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte im Rahmen einer gelebten Nachhaltigkeit. Dies zeichnete die WirtschaftsWoche 2022 mit dem dritten Platz der innovativsten Mittelständler Deutschlands aus.

Die Branche steckt insgesamt in der Krise: Baustoffmangel, gestiegene Baustoffpreise und hohe Zinsen wirken sich bereits seit 2022 negativ aus. Diese Entwicklung dauert länger als erwartet und bringt ein äußerst zurückhaltendes Investoren- und Käuferverhalten mit sich. Auch eine Umsetzung verschiedener Maßnahmen bei INTERBODEN zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse im vergangenen Sommer und über den Jahreswechsel konnten die prekäre Lage nicht abwenden. Erschwerend kommt hinzu, dass laut Zentralverband des deutschen Baugewerbes (ZDB) der Umsatz im Bauhauptgewerbe 2024 real um 3 Prozent sinken soll.

In dieser ernsten Lage hat sich INTERBODEN an ATN gewandt, um die finanzielle Schieflage zu beheben und die Weichen für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg zu stellen. Erklärtes Ziel ist es, die INTERBODEN-Strukturen, Know-how und Kapazitäten inkl. aller Arbeitsplätze zu erhalten. Außerdem sollen im Interesse aller Beteiligten alle laufenden Projekte erfolgreich beendet werden.

„Bereits jetzt läuft die Suche nach einem Investor“, betont Dr. Marc d’Avoine, ATN-Experte für Insolvenzen und Unternehmenssanierung. „Wir sind zuversichtlich, einen starken Partner für INTERBODEN zu finden, wodurch das Unternehmen in eine gute gemeinsame Zukunft blicken wird.“

 

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Neuregelungen in der Kryptowährungsverwahrung – Kosten der Aussonderung bei Insolvenz

31. Januar 2024

Einführung in die Problematik und gesetzliche Neuregelungen

Der digitale Wandel im Finanzsektor bringt ständige Neuerungen mit sich, darunter auch im Bereich der Kryptowährungen. Ein kritischer Aspekt ist die Insolvenz von Kryptoverwahrern. In solchen Fällen fordern Kunden oft massenhaft ihre verwahrten Kryptowerte zurück, was die Frage nach der Kostentragung für die Aussonderung aufwirft. Neue gesetzliche Regelungen, speziell § 46i Abs. 3 KWG und § 44 Abs. 3 KMAG im Kontext des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG) und des Finanzmarktdigitalisierungsgesetzes (FinmadiG), adressieren diese Herausforderung.

Insolvenz von Kryptoverwahrern: Ein realistisches Szenario
Die Insolvenz von Kryptoverwahrern ist kein unwahrscheinliches Ereignis. Der Fall von FTX hat gezeigt, wie Millionen von Kunden betroffen sein können. In Deutschland, wo die Kryptoverwahrung eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung ist, steigt die Anzahl der Kryptoverwahrer stetig, wodurch das Risiko von Insolvenzen zunimmt.

Die neuen Regelungen im Detail

  • Aussonderung von Kryptowerten: Kryptowerte, die auf Blockchain-Technologie basieren, stellen besondere Herausforderungen dar, besonders wenn es um die Aussonderung im Insolvenzfall geht. Das deutsche Recht sieht vor, dass Kunden ihre Werte aussondern können, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
  • Kostentragung nach § 46i Abs. 3 KWG: Ein Kernpunkt der Neuregelungen ist die Kostentragung. Wenn Kunden der Übertragung ihrer Werte auf ein anderes Institut nicht zustimmen, müssen sie die Kosten der Aussonderung tragen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Bedingungen unzumutbar sind.
  • Änderungen durch das FinmadiG: Das FinmadiG ergänzt das ZuFinG und führt das Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG) ein, wobei die Grundstruktur der Kostenregelung beibehalten wird.

Kritik und mögliche Verbesserungen

  • Komplexität und Streitanfälligkeit: Die Regelungen sind komplex und könnten zu Rechtsstreitigkeiten führen, besonders bei unklaren Definitionen wie „unzumutbar“ oder „wesentliche Teile“.
  • Kostenbelastung für die Insolvenzmasse: Die Übernahme der Kosten durch die Insolvenzmasse könnte zu deren Unzulänglichkeit führen, da die Durchführung von tausenden Transaktionen erhebliche Kosten verursacht.
  • Vorschläge zur Vereinfachung: Eine mögliche Lösung könnte sein, die Kosten generell den Kunden aufzuerlegen, um die Last für ungesicherte Gläubiger zu vermeiden. Dies könnte zur Rechtssicherheit beitragen und die Verfahren vereinfachen.

Zusammenfassung und Fazit

Die Neuregelungen im ZuFinG und FinmadiG zur Aussonderung von Kryptowerten bei Insolvenz von Kryptoverwahrern sind ein wichtiger Schritt zur Anpassung des Rechtsrahmens an die digitalisierten Finanzmärkte. Allerdings sind sie auch mit Herausforderungen verbunden, vor allem in Bezug auf die Kostentragung und die Komplexität der Regelungen. Eine Vereinfachung und Klarstellung, insbesondere in Bezug auf die Kostenübernahme durch die Kunden, könnte dabei helfen, die Effizienz zu steigern und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.

Weiteres ist nachzulesen in dem jüngsten Beitrag von Dr. Marc d´Avoine und Phil Hamacher in der ZRI 2024, 49 „Kryptoassets und Kosten der Aussonderung, § 46i Abs. 3 KWG und § 44 Abs. 3 KMAG“

 

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschafts­rechts (MoPeG) seit 01.01.2024 in Kraft

30. Januar 2024

Seit dem 1. Januar 2024 ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft getreten, das das Personengesellschaftsrecht reformiert. Das MoPeG passt das teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der offenen Handelsgesellschaft (oHG), der Kommanditgesellschaften (KG, einschließlich GmbH & Co. KG) und der Partnerschaftsgesellschaften (PartG), an die Erfordernisse des modernen Wirtschaftslebens an.

Neugestaltung des GbR-Rechts

Ein zentraler Aspekt des MoPeG ist die umfassende Neuregelung des GbR-Rechts. Insbesondere erfährt die rechtsfähige GbR als Grundform aller Personengesellschaften eine umfassende Reform im BGB. Die Neuerungen berücksichtigen dabei bereits höchstrichterlich anerkannte Prinzipien für die Ausgestaltung der GbR.

GbRs können in vielfältigen Formen auftreten und grundsätzlich jeden legalen Gesellschaftszweck verfolgen, der nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. Nunmehr nimmt das BGB eine klare Unterscheidung zwischen rechtsfähiger und nicht-rechtsfähiger GbR vor (§ 705 Abs. 2 BGB n.F.). Die rechtsfähige GbR nimmt am Rechtsverkehr teil, kann Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Soweit die Gesellschaft unter einem gemeinschaftlichen Namen ein Unternehmen betreibt, gilt sie als rechtsfähig. Eine Eintragung im neu geschaffenen Gesellschaftsregister ist für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit nicht erforderlich. Rechtsfähige GbRs sind danach beispielsweise Arztpraxen, Anwaltssozietäten oder Ingenieurbüros.

Die nicht rechtsfähige GbR ist eine reine Innengesellschaft, dh sie betrifft nur das Verhältnis der Gesellschafter zueinander. Hierzu zählen typischerweise treuhänderische und stille Beteiligungen, aber z.B. auch Tippgemeinschaften.

Gründung und weitgehende Gestaltungsfreiheit

Die Errichtung einer GbR erfolgt durch Vereinbarung eines Gesellschaftsvertrags. Die gesetzlichen Regelungen sind gem. § 708 BGB n.F. weitgehend dispositiv, dh die Gesellschafter können den Gesellschaftsvertrag abweichend von den gesetzlichen Regelungen gestalten. So obliegt z.B. die Geschäftsführung der Gesellschaft weiterhin den Gesellschaftern, die nach § 715 BGB n.F. zur gemeinschaftlichen Geschäftsführung der Gesellschaft befugt sind. Der Gesellschaftsvertrag kann aber einzelnen Gesellschaftern die alleinige Geschäftsführungsbefugnis zuweisen. Zwingend sind aber die Vorschriften zur persönlichen Haftung und zur Vertretungsbefugnis der Gesellschafter gegenüber Dritten (§§ 720 und 721 BGB n.F.), das Klagerecht der Gesellschafter (§ 715b Abs. 2 BGB n.F.) sowie Informationspflichten geschäftsführungsbefugter Gesellschafter (§ 717 BGB n.F.).

Anwachsung und Abfindung

Nach § 712 BGB n.F. wächst der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile zu. Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus, sieht der neu eingeführte § 712a BGB n.F. vor, dass die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt. Das Gesellschaftsvermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über, sofern dieser zur Übernahme bereit ist. Ausgeschiedene Gesellschafter haben nach § 728 BGB n.F: Anspruch auf eine angemessene Abfindung und werden von der Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft befreit. Die sog. Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters ist nunmehr in § 728b BGB n.F. geregelt.

Übertragung der Gesellschaftsanteile und actio pro socio

Die Übertragung von GbR-Gesellschaftsanteilen ist nach § 711 BGB n.F. von der Zustimmung der Mitgesellschafter abhängig. Zusätzlich wurde die Rechtsfigur der „actio pro socio“ (sog. Gesellschafterklage) in § 715b BGB n.F. gesetzlich verankert. Damit ist der bislang bestehende Streit, ob eine gesetzliche Prozessstandschaft vorliegt, positiv entschieden. Jeder Gesellschafter hat danach das Recht, Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Mitgesellschafter im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, sofern der geschäftsführende Gesellschafter die Geltendmachung pflichtwidrig unterlässt. Wusste ein gesellschaftsfremder Dritter um das pflichtwidrige Unterlassen der Durchsetzung von Ansprüchen gegen ihn oder wirkte er gar daran mit, kann jeder Gesellschafter auch im eigenen Namen Ansprüchen der Gesellschaft gegen diesen Dritten durchsetzen.

Gesellschaftsregister für die GbR

Rechtsfähige GbRs können sich nunmehr gem. § 707 BGB n.F. in ein öffentliches Gesellschaftsregister eintragen lassen. Die Anmeldung erfolgt über Notare und ist grundsätzlich freiwillig. Die Anmeldung muss Informationen wie den Namen, Sitz und die Anschrift der Gesellschaft, Angaben zu den Gesellschaftern und deren Vertretungsbefugnissen sowie eine Versicherung darüber enthalten, dass die Gesellschaft nicht bereits im Handels- oder Partnerschaftsregister eingetragen ist. Nach Eintragung im Register muss die GbR nach § 707a Abs. 1 BGB n.F. den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ führen. Eine Eintragung ist besonders für GbRs sinnvoll, wenn sie selbst Gesellschafterin einer Gesellschaft ist oder zukünftig an Umwandlungen wie etwa Verschmelzungen, Spaltungen oder Formwechseln teilnehmen will. Ferner schafft man durch die Eintragung Transparenz gegenüber bestehenden und potenziellen Geschäftspartnern.

 

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Pressemitteilung: Nachfolgelösung für Bergman Deutsche Klinik Hilden GmbH

21. Dezember 2023

Investorenvereinbarung unterzeichnet: Nachfolgelösung für
Venenklinik und Derma-MVZ in Hilden erzielt

  • PLUTA und WMCF finden Lösung für Bergman Deutsche Klinik Hilden GmbH
  • ATN-Sachwalter RA Dr. Marc d’Avoine begleitet das Verfahren
  • Sämtliche Arbeitsplätze bleiben erhalten
  • Gläubiger erhalten Quote von 100 Prozent

Düsseldorf, 18. Dezember 2023. Für die Bergman Deutsche Klinik Hilden GmbH, Betreibergesellschaft der Bergman Clinics Klinik im Park, wurde eine Nachfolgelösung erzielt: Prof. Dr. med. Ulrich Hengge aus Düsseldorf übernimmt voraussichtlich mit Wirkung zum 1. Januar 2024 die renommierte Fachklinik für Phlebologie in Hilden, einschließlich des angegliederten medizinischen Versorgungszentrums mit mehreren Standorten im Großraum Düsseldorf. Die Klinik im Park und die verbundenen Standorte können damit weiterbestehen und u. a. Untersuchungen und Operationen für Venenpatienten, aber auch Leistungen im Bereich Dermatologie und Proktologie weiter durchführen. Alle Arbeitsplätze bleiben im Zuge der Investorenlösung erhalten.

Die Betreibergesellschaft der Klinik befindet sich seit April 2023 in einem Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Dietmar Eine von der HMG Hospital Management Group GmbH ist seitdem als erfahrenerer Sanierungsgeschäftsführer für die Gesellschaft tätig, so dass der Klinikbetrieb und die Versorgung der Patienten uneingeschränkt fortgeführt werden konnten. Insolvenzrechtlich unterstützen die Sanierungsexperten von PLUTA mit Dr. Christian Kaufmann als Generalbevollmächtigten sowie Rechtsanwalt André Gildehaus und Wirtschaftsjuristin Nicole Neumerkel die Neuaufstellung. Das Amtsgericht bestellte Dr. Marc d‘Avoine von ATN-Rechtsanwälte aus Ratingen zum Sachwalter. Er begleitet das Verfahren im Sinne der Gläubiger.

Herausfordernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Kliniken

Die primären Gründe für die Antragstellung erläutert Geschäftsführer Dietmar Eine: „Hauptgrund war die zunehmende Defizitentwicklung der Fachklinik, die aus den vorgehaltenen Kapazitäten und deren Kostenstrukturen resultierten. Ursächlich ist die zunehmende Ambulantisierung mit einhergehender rückläufiger stationärer Belegung in der Phlebologie.“ Dr. Christian Kaufmann von der PLUTA Rechtsanwalts GmbH erklärt: „Die Gesundheitsbranche insgesamt steht vor großen Herausforderungen, dennoch kann diese Spezialklinik erhalten bleiben. Gemeinsam haben wir Restrukturierungsmaßnahmen zur deutlichen Reduzierung der Kosten durchgeführt, damit die Klinik künftig wieder profitabel wirtschaften kann – mit Erfolg: Die Ergebnisse seit Antragstellung liegen deutlich über Plan.“ In den vergangenen Wochen und Monaten überprüfte das Sanierungsteam die finanzielle Situation der Klinik in Hilden, analysierte Kosten- und Umsatzpotenziale und optimierte interne Prozesse.

Zudem starteten die Sanierungsexperten einen Investorenprozess, um eine Nachfolgelösung für die Gesellschaft zu erreichen. Das Team um Florian Schmidt von der WMCF GmbH begleitete den strukturierten M&A-Prozess, der mit der Übernahme durch den Hautarzt Prof. Dr. med. Ulrich Hengge zum neuen Jahr abgeschlossen ist. Der Facharzt, der mehrere Derma-MVZs in NRW und das Hautzentrum Hengge in Düsseldorf leitet, erläutert: „Die Klinik verfügt über einen sehr guten Ruf und die Kollegen leisten exzellente Arbeit. Das medizinische und pflegerische Team der Klinik im Park setzt bei der Venenbehandlung auf schonende und ästhetische Verfahren sowie schnelle Genesung. Das neben der Klinik befindliche Derma-MVZ bietet alle modernen diagnostischen und therapeutischen Behandlungen der Dermatologie an. Weitere dermatologische und phlebologische MVZs befinden sich in Velbert, Kaarst, Wuppertal und Mettmann. Durch die enge Verzahnung mit dem zentralen Labor von Prof. Hengge in Düsseldorf lassen sich alle Blut- und Gewebeproben aus Klinik und MVZ schnell analysieren.  Auch die Bewertungen durch die behandelten Patienten bescheinigen dem Venen- und dem Haut-Team diesen hohen Anspruch und eine gute Ergebnisqualität.“ In Zukunft wird die Klinik unter dem Namen Remigius Klinik im Park weiterarbeiten.

Sachwalter d’Avoine ergänzt: „Das gesamte Restrukturierungsverfahren verlief sehr konstruktiv. Die Kommunikation war vorbildlich. Alle Beteiligten ziehen an einem Strang, um der renommierten Klinik eine nachhaltige Zukunft zu ermöglichen. Davon profitieren auch die Gläubiger.“ Diese erhalten gemäß dem bestätigten Insolvenzplan eine Quote von 100 Prozent und somit eine vollständige Befriedigung ihrer offenen Forderungen.

Im Erörterungs- und Abstimmungstermin am 23. November 2023 wurde dem Insolvenzplan, der die Einigung mit den Gläubigern regelt, einstimmig zugestimmt. Das Verfahren wird damit voraussichtlich zum Ende dieses Jahres aufgehoben werden.

Jährlich 20.000 Patienten behandelt

Die Klinik im Park wurde 1984 gegründet. Neben dem Venenzentrum gibt es zudem ein Laserzentrum und ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit mehreren Standorten in der Region. Insgesamt werden jährlich mehr als 20.000 Patienten behandelt. Angeboten werden ambulante und stationäre Behandlungen für gesetzlich versicherte Venenpatienten sowie nahezu das gesamte Spektrum der Dermatologie und Proktologie. Viele der erfahrenen ärztlichen und nicht-ärztlichen Mitarbeiter arbeiten seit mehr als 15 Jahren in der Klinik.

Über HMG
Die Hospital Managementgroup GmbH – HMG ist mit knapp 40 Managern der führende Anbieter für Managementleistungen im deutschsprachigen Krankenhauswesen. Zurzeit stellt die HMG für mehr als 20 Krankenhausträger mit 28 Kliniken die Geschäftsführung. Weitere Informationen unter www.hmg-im.de. 

Über PLUTA
PLUTA hilft Unternehmen in rechtlich und wirtschaftlich schwierigen Situationen. Seit der Gründung 1982 ist PLUTA stetig gewachsen und beschäftigt heute rund 500 Mitarbeiter in Deutschland, Spanien und Italien. Mehr als 290 Kaufleute, Betriebswirte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsjuristen, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Ökonomen, Bankfachwirte, Buchhalter, Ingenieure und Fachkräfte für Insolvenzverwaltung, darunter viele mit Mehrfachqualifikationen, sorgen für praktikable, wirtschaftlich sinnvolle Lösungen. PLUTA unterstützt insbesondere bei der Sanierung und Fortführung von Unternehmen in Krisen oder Insolvenzsituationen und entsendet bei Bedarf auch Sanierungsexperten in die Organstellung. PLUTA gehört zur Spitzengruppe der Sanierungs- und Restrukturierungsgesellschaften, was Rankings und Auszeichnungen von INDat, JUVE, The Legal 500, Who’s Who Legal, brandeins und Focus belegen. Weitere Informationen unter www.pluta.net

Über WMCF
WMCF ist eine unabhängige Münchner Corporate Finance / M&A Boutique mit Fokus auf den stationären und ambulanten Gesundheitssektor und einer starken Präsenz im deutschsprachigen Raum (DACH). Seit der Gründung in 2017 hat WMCF unter anderem über 30 Krankenhaustransaktionen, sowie eine gleiche Anzahl an ambulanten MVZ Transaktionen begleitet. Das WMCF Team aus 15 Mitarbeitern verfügt über eine kumulierte Transaktionserfahrung von über 60 Jahren und mehr als 400 begleiteten Transaktionen im grenzüberschreitenden M&A Markt.

Über ATN
ATN ist eine auf Sanierung und Restrukturierung spezialisierte Kanzlei mit erfahrenen Rechtsanwälten, Kaufleuten, Betriebswirten und Steuerberatern, unter Ihnen sind zahlreiche Experten mit Doppelqualifikationen. Das Team wird komplettiert durch etwa 100 Mitarbeiter*innen mit entsprechenden Qualifikationen und nachgewiesener Kompetenz in der Restrukturierung. Ausgezeichnet und erfahren durch viele hundert erfolgreiche Sanierungsfälle begleitet ATN Unternehmen und Unternehmer in der Krise und in Sondersituationen.
www.atn-ra.de

Pressekontakt:
relatio PR
+49 89-210257-22
presse@relatio-pr.de

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Pressemitteilung: Lösung für Unternehmen der S+K Services GmbH i.L., Olpe

21. Dezember 2023

Lösung für das Unternehmen der S+K Services GmbH i. L.

  1. WISAG Gebäudetechnik Nord-West GmbH & Co. KG übernimmt den laufenden Geschäftsbetrieb der S+K Services GmbH i. L.
  2. Bundesweit rund 300 Arbeitsplätze gesichert

Olpe, den 30.11.2023 Mit Wirkung zum 01.11.2023 konnte der operative Geschäftsbetrieb der S+K Services GmbH i. L. mit Sitz in Olpe im Wege einer Unternehmensveräußerung an die WISAG Gebäudetechnik Nord-West GmbH & Co. KG, Wittekindstr. 30, 44137 Dortmund (Kurz: WISAG), übertragen werden. Geschäftsführer der WISAG sind Herr Joachim Sender und Herr Michael Dillmann. Die S+K Services GmbH ist ein deutschlandweit tätiger Industrie- und Gebäudedienstleister. Neben den Gebäude- und Industriedienstleistungen umfasst das Portfolio auch sämtliche Leistungen zur Sicherheit (auch Bewachung) und Reinigung, sowohl für Industrieanlagen als auch Bürogebäude.

Das Liquidationsverfahren der S+K Services GmbH war erforderlich, weil die Gesellschafter die Gesellschaft zum Jahreswechsel 2022 gekündigt hatten. Zum Liquidator wurde der erfahrene Sanierungs- und Restrukturierungsexperte Prof. Dr. Peter Neu von der Kanzlei ATN d’Avoine Teubler Neu Rechtsanwälte, Köln, bestellt, der während des gesamten Verfahrens durch das erfahrene Team um Ruzhdi Ferataj, LL. M. und Rechtsanwalt Florian Voß unterstützt wurde. Die erfolgreiche strukturierte Investorensuche wurde von der TMC Turnaround Management Consult GmbH aus Dortmund durchgeführt.

„Wir sind froh, dass wir mit der WISAG einen renommierten und sehr erfolgreichen Nachfolger für das Unternehmen finden und mit der Übertragung bundesweit rund 300 Arbeitsplätze sichern konnten“, sagt Prof. Dr. Peter Neu. Darüber hinaus werden die bestehenden Strukturen des im Jahre 2016 gegründeten Unternehmens nach erfolgreicher Überleitung vor Ort weiter genutzt. Die Verwaltung des übernommenen Unternehmensteils erfolgt weiterhin federführend aus Olpe. Es ist auch in Zukunft das Ziel, den bundesweit bestehenden Auftraggebern mit kundenorientierten Lösungen zur Seite zu stehen.

Kontakt:
Rechtsanwalt Florian Voß, ATN d`Avoine Teubler Neu Rechtsanwälte
Tel. +49 2191 499 180
E-Mail voss@atn-ra.de

Weitere Informationen:

Über S+K Services
S+K Services ist ein mittelständisches Unternehmen mit ca. 300 Mitarbeitern für die Bereiche Industrieservice, Reinigungsleistungen sowie Sicherheitsdienstleistungen. Durch die langjährige Berufserfahrung unserer kompetenten Mitarbeiter ist S+K Services in der Lage, die gewünschten Dienste in bester Qualität zu erfüllen. Zielgruppen sind die auf professionelle Gebäudedienstleistungen angewiesenen Kunden aus Einzelhandel, Verwaltungen, Banken, Senioren-Residenzen, Industrie, Kindergärten, Schulen, Kitas, Hochschulen, Ministerien, Kasernen, Behörden, Logistikzentren und Verbrauchermärkte.

Über WISAG
Die WISAG Gebäudetechnik Nord-West GmbH & Co. KG ist ein bundesweit tätiges Gebäudetechnik und Facility Management Unternehmen mit insgesamt rund 50.000 Mitarbeitern.

Über ATN
ATN ist eine an mehreren Standorten in NRW ansässige Wirtschaftskanzlei, die mit über 100 Mitarbeitern über besondere Expertise im Bereich Sanierung, Restrukturierung und Insolvenzverwaltung verfügt. ATN gehört in diesem Bereich ausweislich der Wirtschaftswoche zu den Top-Kanzleien in Deutschland.

Über CVM
Die CVM Capital Value Management GmbH mit Sitz in Dortmund gestaltet, begleitet und koordiniert in enger Zusammenarbeit mit ihren Mandanten den gesamten M&A Prozess. Der Fokus liegt auf der Begleitung von mittelständischen Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Unternehmen in Umbruch- und Sanierungssituationen sowie in der Fortführung aus der Insolvenz.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Ist ChatGPT Plus steuerlich absetzbar?

20. November 2023

Der Name ChatGPT ist inzwischen vielen bekannt. Dahinter steckt ein sog. „Large Language Modul“ (auch LLM). Das ist ein Programm, was künstliche Intelligenz einsetzt, um mit Nutzern über textbasierte Nachrichten zu kommunizieren (stark vereinfacht).

GPT steht für Generative Pre-trained Transformer.[1] Neben ChatGPT gibt es inzwischen auch alternative Anbieter wie Bing, DeepAI, Elicit, Genie Chat, etc. Diese sind weitestgehend – wie auch das reguläre ChatGPT – kostenlos.[2] Das kostenpflichtige Abonnement heißt ChatGPT Plus und kostet monatlich $ 20[3], also pro Jahr $ 240. Die Vorteile zur kostenfreien Variante sind nach Angaben des Entwicklers bessere Verfügbarkeit, schnellere Verarbeitung, Spracherkennung, etc.[4] Die Einsatzmöglichkeiten können – auch bei der täglichen Arbeit – sehr vielseitig sein.

Abzug als Werbungskosten?

Da drängt sich die Frage auf, ob Arbeitnehmer/innen diese und ggf. auch andere Kosten für derartige Programme, als Werbungskosten steuerlich absetzen können. Dafür sollte zunächst einmal geklärt werden, was Werbungskosten überhaupt sind. Definiert werden diese in § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG:

„Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.“

Die Begriffe „Erwerbung, Sicherung, Erhaltung“ lassen sich nicht immer genau voneinander trennen. Sie kennzeichnen lediglich übereinstimmend, dass die Aufwendungen „zur“ Einnahmeerzielung dienen müssen. Dabei ist allgemein anerkannt, dass das „und“ auch durch ein „oder“ ersetzt werden könnte; es reicht also aus, wenn die genannten Begriffe alternativ vorliegen.

Klartext: Zu den Werbungskosten gehören alle Aufwendungen, die als Arbeitnehmer/In ausgegeben werden, um Geld zu verdienen. Dazu gehören ganz klassisch Kosten für Bewerbungsfotos oder Fortbildungen. Wichtig dabei ist, dass die jeweiligen Arbeitnehmer/Innen diese auch getragen und nicht z.B. (steuerfrei) ersetzt bekommen haben.

ChatGPT Plus als Arbeitsmittel

Werbungskosten sind auch Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Arbeitsmittel alle – auch immaterielle – Gegenstände, die ausschließl. oder zumindest weitaus überwiegend der Einnahmeerzielung dienen[5]. Also grundsätzlich auch kostenpflichtige Programme, welche über ein Abo wie ChatGPT Plus genutzt werden, soweit diese bei der Bewältigung der alltäglichen Arbeit unterstützen. Dann läge ein Zusammenhang mit der Einnahmeerzielung vor.

Einsatzmöglichkeiten als Arbeitnehmer

Das Einsatzspektrum von LLM sind derart umfangreich, dass eine vollständige Darstellung kaum möglich ist. Der Kreativität ist wahrlich keine Grenze gesetzt. Ob interne E-Mails vorformuliert, Schreiben erstellt, Werbebriefe entworfen oder stichwortartige Zusammenfassungen umfassender Korrespondenz. Inzwischen können sogar ganze Bücher mittels künstlicher Intelligenz geschrieben[6] oder auf Anleitung, Bilder und Images erstellt werden.

Möglich sind auch Übersetzungen in andere Sprachen oder erste rechtliche Einschätzungen. In den Fällen bleibt die Qualität der Antworten stets durch Experten zu überprüfen. Aber erste Vorarbeiten können Programme wie ChatGPT inzwischen relativ gut leisten.

Ob der Einsatz von LLM aber tatsächlich eine Bereicherung ist, bleibt stets im konkreten Einzelfall zu überprüfen. Bei vielen Bürotätigkeiten dürfte der Einsatz von LLM tatsächlich schon jetzt Erleichterungen bringen und die Effektivität steigern. Dann müsste auch die steuerliche Berücksichtigung als Werbungskosten gegeben sein.

Dual-Use

Aber Achtung: Voraussetzung für eine volle Absetzbarkeit ist eine ausschließliche oder zumindest weitaus überwiegend Verwendung für die Einnahmeerzielung. Das bestimmt sich nach dem tatsächlichen Verwendungszweck (bzw. die beabsichtigte tatsächl. Verwendung).[7] Wird ein Gegenstand für berufliche und für private Zwecke verwendet, spricht man von sog. „Dual-Use“.

Wird das Programm also angeschafft, um z.B. auch für private Belange, z.B. E-Mails an Freunde und Bekannte, Vereinsarbeit, Ehrenämter, etc., zu verrichten, kann die Absetzung insoweit nicht vorgenommen werden.

Die Zuordnung bereitet üblicherweise dann keine Probleme, wenn schon aus dem objektiven Charakter des Gegenstands (z. B. bei Werkzeug) dessen Bezug zur Erwerbstätigkeit deutlich wird; in diesem Falle spräche eine Vermutung für die erwerbsbezogene Verwendung. Vertretbar wäre aber, dass diese Vermutung bei einem LLM gerade nicht greift, da die theoretischen Einsatzmöglichkeiten derart umfangreich sind, dass ein Einsatz ohne Weiteres auch im Privatleben Vorteile haben kann.

In Dual-Use-Fällen kann eine Aufteilung (z.B. 50/50) in Betracht kommen. Erst wenn im Einzelfall gar nicht nachprüfbar oder nicht klar erkennbar ist, ob der Gegenstand mehr der Erwerbstätigkeit oder mehr der privaten Lebensführung dient, kann dessen objektiver Charakter den Ausschlag geben. Ob ChatGPT Plus dann dem beruflichen oder privaten Bereich zuzuordnen wäre, ist dann eine Frage der Tatsachenwürdigung durch die Finanzverwaltung oder das Finanzgericht.[8]

Arbeitnehmer-Pauschbetrag

Ein Hinweis zum „Arbeitnehmer-Pauschbetrag“. Dieser wird bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt und beträgt im Jahr 2023 € 1.230. Allein mit den jährlichen Kosten für z.B. ChatGPT Plus in Höhe von $ 240,00[9] würde der Pauschbetrag daher nicht überstiegen werden. In dem Fall kann in der Anlage N der Steuererklärung darauf verzichtet werden, diese als einzelne Ausgaben einzutragen. Der Pauschbetrag dient gerade der Vereinfachung.

Üblicherweise haben Arbeitnehmer/innen aber auch noch weitere Aufwendungen, die als Werbungskosten abgesetzt werden können. Wird der Pauschbetrag insgesamt überstiegen, ist auch die Absetzbarkeit von Kosten für z.B. ChatGPT Plus wieder interessant.

Datenschutz

Ob der Einsatz mit der Arbeitgeber/In abgesprochen werden sollte und insb. welche datenschutzrechtlichen Probleme mit der Verwendung von z.B. Kundendaten einhergehen, ist hier nicht näher behandelt. Nur so viel: Auf die Verwendung von sensiblen Daten (Klarnamen, Anschriften, Geburtsdaten, etc.) sollte in jedem Fall verzichtet werden.

Selbstständige: Berücksichtigung als Betriebsausgaben

Übrigens: Sollten Gewerbetreibende oder Freiberufler ChatGPT Plus im Rahmen ihres Betriebs nutzen, dann gilt nicht der Werbungskostenabzug, sondern die Regelung über Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG:

„Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.“

Maßgeblich ist die betriebliche Veranlassung. Für den Begriff der Betriebsausgaben kommt es dann nicht darauf an, ob die Aufwendungen für den Betrieb des Steuerpflichtigen notwendig, zweckmäßig oder üblich waren. Im Gegenzug bestehen gerade für Betriebsausgaben eine Vielzahl von (Einzel-) Aufzeichnungspflichten.

Fazit

LLMs und die damit verbundene künstliche Intelligenz hat Eingang in die Arbeitswelt gefunden und ist inzwischen bei einigen Arbeitnehmer/Innen fester Bestandteil des beruflichen Alltags. Bei Vorliegen der Voraussetzungen sprechen keine Gründe dagegen, Kosten für die Nutzung dieser oder anderer Programme als Werbungskosten in Abzug zu bringen. Das bedeutet einen steuerlichen Vorteil.

Bei Zweifeln empfiehlt aber auch ChatGPT „mit einem Steuerberater oder einem Fachmann für Steuerfragen zu sprechen, um eine genaue Einschätzung zu erhalten, ob die monatlichen Kosten von ChatGPT als Werbungskosten absetzbar sind.“[10]

[1] zu deutsch: „Generativ vortrainierter Transformer“.

[2] abrufbar unter: https://openai.com/blog/chatgpt (zuletzt aufgerufen: 19.11.2023)

[3] Stand 19.11.2023. Preiserhöhungen sind in Zukunft nicht auszuschließen.

[4] https://openai.com/gpt-4 (zuletzt aufgerufen: 19.11.2023).

[5] BFH Urteil v. 30.6.10, Az. VI R 45/09, Tz. 10 f.; BFH Urteil v. 20.5.10, Az. VI R 53/09, Tz. 9 f.; BFH Urteil v. 16.1.19, Az. VI R 24/16, Tz. 11.

[6] Pierre Daniel Wittmann: Emma und ihre Reise durch die digitale Welt, Quelle: https://www.amazon.de/Emma-ihre-Reise-durch-digitale-ebook/dp/B0CFT24Y4V/ref=sr_1_1?crid=2SFXBIHZ58ZO5&keywords=emma+und+ihre+reise+durch+die+digitale+welt&qid=1700131143&sprefix=emma+und+ihre+re%2Caps%2C129&sr=8-1 (zuletzt aufgerufen am 19.11.23)

[7] BFH Urteil v. 20.5.10, Az. VI R 53/09, Tz. 10 f.

[8] BFH Urteil v. 10.7.12, Az. VI B 75/12.

[9] umgerechnet ca. € 220,00 (Stand: 19.11.2023)

[10] Teil der Antwort auf die Frage: Sind Kosten für ChatGPT steuerlich als Werbungskosten absetzbar? (Stand 19.11.2023)

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Pressemitteilung vom 18.10.2023, dpi Türdesign GmbH

24. Oktober 2023

dpi Türdesign plant umfassende Sanierung in Eigenverwaltung

Die Geschäftsleitung der dpi Türdesign GmbH aus Wesel beantragte am 17.10.2023 beim Amtsgericht Duisburg die Eigenverwaltung. Mit Beschluss vom 18.10.2023 wurde die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet (§ 270b InsO) und der sanierungserfahrene Rechtsanwalt Dr. Henneke, tätig für Henneke & Röpke Rechtsanwälte in Duisburg, zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Er überwacht die dpi Türdesign GmbH im gesamten Eigenverwaltungsverfahren und wahrt die Interessen der Gläubiger. Martin Dettmer als Geschäftsführer wird durch das Team um die Sanierungs- und Restrukturierungsexperten Prof. Dr. Peter Neu und Thorsten Kapitza aus der Kanzlei ATN d’Avoine Teubler Neu Rechtsanwälte beraten. „Durch das Eigenverwaltungsverfahren ist eine nachhaltige Sanierung des Unternehmens möglich. Die Geschäftsführung bleibt für die Leitung des Unternehmens zuständig und kann so weiter ihr Know-how einbringen. Gleichzeitig wird die Geschäftsführung von uns bei der Planung und Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen unterstützt“, führt Rechtsanwalt Prof. Dr. Neu aus. Andreas Krogull  wird die Umstrukturierung als Vertriebs- und Marketingleiter begleiten und ist nicht mehr Geschäftsführer.

Unternehmen soll erhalten bleiben / Löhne und Gehälter sind gesichert

Das Unternehmen wird uneingeschränkt fortgeführt. Ziel der Bemühungen ist der dauerhafte Erhalt, sei es mittels Insolvenzplan oder Verkauf an einen Investor. Es wurden bereits konkrete Maßnahmen erarbeitet, deren Umsetzung teilweise bereits begonnen haben. Betriebswirtschaftlich und planerisch unterstützt wird das Unternehmen durch die TMC Turnaround Management Consult GmbH. Die dpi Türdesign GmbH beschäftigt derzeit ca. 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2023 über Insolvenzgeld gesichert. Ab Januar 2024 werden diese wieder aus den laufenden Einnahmen geleistet. Die Belegschaft ist informiert worden und trägt durch ihr Engagement einen wesentlichen Beitrag zur Sanierungslösung bei.

Mehrfach-Krisen fordern Tribut

Durch die Hochwasserkatastrophe in der Eifel im Jahr 2021 wurde das Isolierglaswerk der dpi komplett zerstört. Der unmittelbare Schaden belief sich auf 12 Millionen Euro und führte nachfolgend zu Kundenverlusten aufgrund der temporären Fremdbeschaffung der Isoliergläser. Für ein neues Glaswerk am Standort Wesel wurde eine Summe von 6 Millionen Euro investiert – seit September 2023 wird das neue Isolierglaswerk sukzessive in Betrieb genommen. In der Konsequenz führten diese Ereignisse dazu, dass die finanziellen Mittel der dpi weitgehend aufgebraucht wurden. Die zusätzlich seit Beginn 2023 einsetzende Krise im Bausektor mit stark sinkenden Auftragseingängen stellen insgesamt Herausforderungen dar, die nur mit Hilfe der Sanierungsgesetze zu lösen sind.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben oder eine rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich gerne an das erfahrene Team von ATN Rechtsanwälte wenden.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

BAG: Aufgabenverteilung im Konzernverbund als Kündigungsgrund

18. September 2023

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem Urteil vom 28.02.2023, 2 AZR 227/22, bestätigt, dass die betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses damit begründet werden kann, dass Aufgaben, die bislang vom gekündigten Arbeitnehmer wahrgenommen wurden, künftig auf ein anderes Konzernunternehmen übertragen werden und deshalb Beschäftigungsbedarf im Betrieb entfällt. Bei der Fremdvergabe von Aufgaben komme es – so das Bundesarbeitsgericht – nicht darauf an, ob dadurch Kosten gespart werden. Diese Rechtsprechung führt auf Arbeitnehmerseite zu der Befürchtung, dass Konzernstrukturen missbraucht werden könnten, um Kündigungsgründe zu schaffen oder gar vorzuspiegeln. Hierdurch könnten dann missliebige Beschäftigte einfacher gekündigt werden. Auf Arbeitgeberseite stellt sich die Frage, ob das Bundesarbeitsgericht hier tatsächlich einen Freibrief ausgestellt hat, der es Konzernen ermöglicht, Arbeitsplätze „verschwinden“ zu lassen.

Tatsächlich muss diese Rechtsprechung differenziert und in ihrem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang gesehen werden:

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts beschreibt den Zusammenhang zwischen betriebsbedingter Kündigung und unternehmerischer Organisationsentscheidung. Sie ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) an den Betrieb und teilweise noch an das Unternehmen gebunden ist. Konzernbezogenen Kündigungsschutz aber gibt es nach dem Gesetz nicht. Nur, wenn im Arbeitsvertrag ein konzernweiter Versetzungsvorbehalt enthalten ist und der (Vertrags-)Arbeitgeber die Rechtsmacht hat, diesen auch im Konzern durchzusetzen, können Beschäftigte sich mit Aussicht auf Erfolg auf freie Arbeitsplätze in Konzernunternehmen berufen.

Solange das nicht der Fall ist, können Arbeitgeber grundsätzlich frei entscheiden, Aufgaben auf Konzernunternehmen zu verlagern und Arbeitsplätze im eigenen Unternehmen abzubauen. Das muss am Ende nicht einmal zu Kündigungen führen, weil es sein kann, dass die unterschiedlichen Konzernunternehmen einen gemeinsamen Betrieb bilden. Das ist zum Beispiel der Fall bei rechtlich verselbstständigten Serviceabteilungen. In diesem Fall kann sich der Übergang von Aufgaben auf ein Konzernunternehmen als Teilbetriebsübergang im Sinne des § 613a BGB darstellen. Folge ist, dass die Arbeitsplätze der betroffenen Beschäftigten mit allen Rechten und Pflichten ohne Kündigung auf die neu zuständige Konzerngesellschaft übergehen.

Gleich, ob Sie als Arbeitgeber erwägen, Aufgaben auszulagern, ob Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin von einer Verlagerung betroffen sind oder ob Sie sich als Betriebsrat oder Personalvertretung positionieren müssen: ATN Rechtsanwälte verfügen über langjährige Erfahrung im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen, Umstrukturierungen und Aufgabenübertragungen. Wir helfen Ihnen, wenn es darum geht, die Chancen und Risiken von Verlagerungen innerhalb oder außerhalb von Konzernen zu bewerten und sich bestmöglich zu positionieren. Gleich, ob im Arbeitsrecht oder im Gesellschaftsrecht.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben oder eine rechtliche Beratung benötigen, können Sie sich gerne an das erfahrene Team von ATN Rechtsanwälte wenden.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!