Der Name ChatGPT ist inzwischen vielen bekannt. Dahinter steckt ein sog. „Large Language Modul“ (auch LLM). Das ist ein Programm, was künstliche Intelligenz einsetzt, um mit Nutzern über textbasierte Nachrichten zu kommunizieren (stark vereinfacht).
GPT steht für Generative Pre-trained Transformer.[1] Neben ChatGPT gibt es inzwischen auch alternative Anbieter wie Bing, DeepAI, Elicit, Genie Chat, etc. Diese sind weitestgehend – wie auch das reguläre ChatGPT – kostenlos.[2] Das kostenpflichtige Abonnement heißt ChatGPT Plus und kostet monatlich $ 20[3], also pro Jahr $ 240. Die Vorteile zur kostenfreien Variante sind nach Angaben des Entwicklers bessere Verfügbarkeit, schnellere Verarbeitung, Spracherkennung, etc.[4] Die Einsatzmöglichkeiten können – auch bei der täglichen Arbeit – sehr vielseitig sein.
Abzug als Werbungskosten?
Da drängt sich die Frage auf, ob Arbeitnehmer/innen diese und ggf. auch andere Kosten für derartige Programme, als Werbungskosten steuerlich absetzen können. Dafür sollte zunächst einmal geklärt werden, was Werbungskosten überhaupt sind. Definiert werden diese in § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG:
„Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.“
Die Begriffe „Erwerbung, Sicherung, Erhaltung“ lassen sich nicht immer genau voneinander trennen. Sie kennzeichnen lediglich übereinstimmend, dass die Aufwendungen „zur“ Einnahmeerzielung dienen müssen. Dabei ist allgemein anerkannt, dass das „und“ auch durch ein „oder“ ersetzt werden könnte; es reicht also aus, wenn die genannten Begriffe alternativ vorliegen.
Klartext: Zu den Werbungskosten gehören alle Aufwendungen, die als Arbeitnehmer/In ausgegeben werden, um Geld zu verdienen. Dazu gehören ganz klassisch Kosten für Bewerbungsfotos oder Fortbildungen. Wichtig dabei ist, dass die jeweiligen Arbeitnehmer/Innen diese auch getragen und nicht z.B. (steuerfrei) ersetzt bekommen haben.
ChatGPT Plus als Arbeitsmittel
Werbungskosten sind auch Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Arbeitsmittel alle – auch immaterielle – Gegenstände, die ausschließl. oder zumindest weitaus überwiegend der Einnahmeerzielung dienen[5]. Also grundsätzlich auch kostenpflichtige Programme, welche über ein Abo wie ChatGPT Plus genutzt werden, soweit diese bei der Bewältigung der alltäglichen Arbeit unterstützen. Dann läge ein Zusammenhang mit der Einnahmeerzielung vor.
Einsatzmöglichkeiten als Arbeitnehmer
Das Einsatzspektrum von LLM sind derart umfangreich, dass eine vollständige Darstellung kaum möglich ist. Der Kreativität ist wahrlich keine Grenze gesetzt. Ob interne E-Mails vorformuliert, Schreiben erstellt, Werbebriefe entworfen oder stichwortartige Zusammenfassungen umfassender Korrespondenz. Inzwischen können sogar ganze Bücher mittels künstlicher Intelligenz geschrieben[6] oder auf Anleitung, Bilder und Images erstellt werden.
Möglich sind auch Übersetzungen in andere Sprachen oder erste rechtliche Einschätzungen. In den Fällen bleibt die Qualität der Antworten stets durch Experten zu überprüfen. Aber erste Vorarbeiten können Programme wie ChatGPT inzwischen relativ gut leisten.
Ob der Einsatz von LLM aber tatsächlich eine Bereicherung ist, bleibt stets im konkreten Einzelfall zu überprüfen. Bei vielen Bürotätigkeiten dürfte der Einsatz von LLM tatsächlich schon jetzt Erleichterungen bringen und die Effektivität steigern. Dann müsste auch die steuerliche Berücksichtigung als Werbungskosten gegeben sein.
Dual-Use
Aber Achtung: Voraussetzung für eine volle Absetzbarkeit ist eine ausschließliche oder zumindest weitaus überwiegend Verwendung für die Einnahmeerzielung. Das bestimmt sich nach dem tatsächlichen Verwendungszweck (bzw. die beabsichtigte tatsächl. Verwendung).[7] Wird ein Gegenstand für berufliche und für private Zwecke verwendet, spricht man von sog. „Dual-Use“.
Wird das Programm also angeschafft, um z.B. auch für private Belange, z.B. E-Mails an Freunde und Bekannte, Vereinsarbeit, Ehrenämter, etc., zu verrichten, kann die Absetzung insoweit nicht vorgenommen werden.
Die Zuordnung bereitet üblicherweise dann keine Probleme, wenn schon aus dem objektiven Charakter des Gegenstands (z. B. bei Werkzeug) dessen Bezug zur Erwerbstätigkeit deutlich wird; in diesem Falle spräche eine Vermutung für die erwerbsbezogene Verwendung. Vertretbar wäre aber, dass diese Vermutung bei einem LLM gerade nicht greift, da die theoretischen Einsatzmöglichkeiten derart umfangreich sind, dass ein Einsatz ohne Weiteres auch im Privatleben Vorteile haben kann.
In Dual-Use-Fällen kann eine Aufteilung (z.B. 50/50) in Betracht kommen. Erst wenn im Einzelfall gar nicht nachprüfbar oder nicht klar erkennbar ist, ob der Gegenstand mehr der Erwerbstätigkeit oder mehr der privaten Lebensführung dient, kann dessen objektiver Charakter den Ausschlag geben. Ob ChatGPT Plus dann dem beruflichen oder privaten Bereich zuzuordnen wäre, ist dann eine Frage der Tatsachenwürdigung durch die Finanzverwaltung oder das Finanzgericht.[8]
Arbeitnehmer-Pauschbetrag
Ein Hinweis zum „Arbeitnehmer-Pauschbetrag“. Dieser wird bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt und beträgt im Jahr 2023 € 1.230. Allein mit den jährlichen Kosten für z.B. ChatGPT Plus in Höhe von $ 240,00[9] würde der Pauschbetrag daher nicht überstiegen werden. In dem Fall kann in der Anlage N der Steuererklärung darauf verzichtet werden, diese als einzelne Ausgaben einzutragen. Der Pauschbetrag dient gerade der Vereinfachung.
Üblicherweise haben Arbeitnehmer/innen aber auch noch weitere Aufwendungen, die als Werbungskosten abgesetzt werden können. Wird der Pauschbetrag insgesamt überstiegen, ist auch die Absetzbarkeit von Kosten für z.B. ChatGPT Plus wieder interessant.
Datenschutz
Ob der Einsatz mit der Arbeitgeber/In abgesprochen werden sollte und insb. welche datenschutzrechtlichen Probleme mit der Verwendung von z.B. Kundendaten einhergehen, ist hier nicht näher behandelt. Nur so viel: Auf die Verwendung von sensiblen Daten (Klarnamen, Anschriften, Geburtsdaten, etc.) sollte in jedem Fall verzichtet werden.
Selbstständige: Berücksichtigung als Betriebsausgaben
Übrigens: Sollten Gewerbetreibende oder Freiberufler ChatGPT Plus im Rahmen ihres Betriebs nutzen, dann gilt nicht der Werbungskostenabzug, sondern die Regelung über Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG:
„Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.“
Maßgeblich ist die betriebliche Veranlassung. Für den Begriff der Betriebsausgaben kommt es dann nicht darauf an, ob die Aufwendungen für den Betrieb des Steuerpflichtigen notwendig, zweckmäßig oder üblich waren. Im Gegenzug bestehen gerade für Betriebsausgaben eine Vielzahl von (Einzel-) Aufzeichnungspflichten.
Fazit
LLMs und die damit verbundene künstliche Intelligenz hat Eingang in die Arbeitswelt gefunden und ist inzwischen bei einigen Arbeitnehmer/Innen fester Bestandteil des beruflichen Alltags. Bei Vorliegen der Voraussetzungen sprechen keine Gründe dagegen, Kosten für die Nutzung dieser oder anderer Programme als Werbungskosten in Abzug zu bringen. Das bedeutet einen steuerlichen Vorteil.
Bei Zweifeln empfiehlt aber auch ChatGPT „mit einem Steuerberater oder einem Fachmann für Steuerfragen zu sprechen, um eine genaue Einschätzung zu erhalten, ob die monatlichen Kosten von ChatGPT als Werbungskosten absetzbar sind.“[10]
[1] zu deutsch: „Generativ vortrainierter Transformer“.
[2] abrufbar unter: https://openai.com/blog/chatgpt (zuletzt aufgerufen: 19.11.2023)
[3] Stand 19.11.2023. Preiserhöhungen sind in Zukunft nicht auszuschließen.
[4] https://openai.com/gpt-4 (zuletzt aufgerufen: 19.11.2023).
[5] BFH Urteil v. 30.6.10, Az. VI R 45/09, Tz. 10 f.; BFH Urteil v. 20.5.10, Az. VI R 53/09, Tz. 9 f.; BFH Urteil v. 16.1.19, Az. VI R 24/16, Tz. 11.
[6] Pierre Daniel Wittmann: Emma und ihre Reise durch die digitale Welt, Quelle: https://www.amazon.de/Emma-ihre-Reise-durch-digitale-ebook/dp/B0CFT24Y4V/ref=sr_1_1?crid=2SFXBIHZ58ZO5&keywords=emma+und+ihre+reise+durch+die+digitale+welt&qid=1700131143&sprefix=emma+und+ihre+re%2Caps%2C129&sr=8-1 (zuletzt aufgerufen am 19.11.23)
[7] BFH Urteil v. 20.5.10, Az. VI R 53/09, Tz. 10 f.
[8] BFH Urteil v. 10.7.12, Az. VI B 75/12.
[9] umgerechnet ca. € 220,00 (Stand: 19.11.2023)
[10] Teil der Antwort auf die Frage: Sind Kosten für ChatGPT steuerlich als Werbungskosten absetzbar? (Stand 19.11.2023)
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