CO2-Aufschlag ab 01.12.2023 für Lkw-Maut belastet die Logistikbranche
Klimaschutz versus Krise von Transport und Logistik
Die Reform der Lkw-Maut im Bundesfernstraßengesetz mit Koppelung der Maut an den CO2-Ausstoß ist ein Schritt Richtung Klimaschutz. Die Bundesregierung will damit den Umstieg auf klimaneutrale Antriebe beschleunigen. Die Reform führt aber auch zu Belastungen und Krisenmomenten für die Logistikbranche. Und die hat ohnehin zahlreiche Probleme. Die Branche leidet unter Fahrermangel und unbesetzten Stellen in anderen Firmenbereichen. Ferner klagt sie über fehlende Azubis und auch über Mängel in der Infrastruktur. Jetzt kommt noch die neue Maut mit CO2-Zuschlag.
Richtig ist, dass Nutzfahrzeuge etwa ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen im Verkehrssektor verursachen. Richtig ist aber auch, dass die Regelungen im Bundesfernstraßenmautgesetz mit div. Änderungen erhebliche Belastungen für die Unternehmen im Transport und Logistikwesen verursachen.
1. Neuregelungen um Bundesfernstraßenmautgesetz:
Quelle:
Für mehr Klimaschutz im Güterverkehr | Bundesregierung
Einführung eines CO2-Aufschlags: Zum 1. Dezember 2023 wird für die Kosten verkehrsbedingter CO2-Emissionen eine neue Mautkomponente („Mautteilsatz“) eingeführt. Diese besteht aus einem CO2-Aufschlag in Höhe von 200 Euro pro Tonne CO2. Damit setzen sich die Mautsätze künftig aus vier Kostenteilen zusammen: Kosten der Infrastruktur, der Luftverschmutzung, der Lärmbelastung und des CO2-Ausstoßes.
Zweckbindung der Mauteinnahmen: Die Verwendung der Mauteinnahmen wird neu geregelt. Die Mauteinnahmen sind zweckgebunden für die Verbesserung der Bundesfernstraßen-Infrastruktur sowie für Maßnahmen im Mobilitätsbereich zu verwenden – mit Schwerpunkt auf den Bundesschienenwegen.
Mautpflicht für Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen: Zum 1. Juli 2024 wird die Mautpflicht auf Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen tzGm (technische zulässige Gesamtmasse) ausgedehnt. Handwerkerfahrzeuge unter 7,5 Tonnen tzGm sind von der Mautpflicht befreit.
Emissionsfreie Fahrzeuge: Bis zum 31. Dezember 2025 sind emissionsfreie Fahrzeuge von der Mautpflicht befreit. Ab dem 1. Januar 2026 zahlen sie einen um 75 Prozent reduzierten Mautteilsatz für die Kosten der Infrastruktur – zuzüglich der Mautteilsätze für Luftverschmutzung und Lärmbelastung.
Die kalkulierten Mehreinnahmen sind gewaltig. Das zuständige Bundesministerium für Digitales und Verkehr rechnet durch die CO2-Differenzierung im Bereich der Lkw ab 7,5 Tonnen mit Mehreinnahmen von 26,6 Milliarden Euro von 2024 bis 2027. Die Mehreinnahmen durch die Mautausdehnung auf Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen sollen sich von 2024 bis 2027 auf 3,9 Milliarden Euro belaufen. Davon entfallen 1,8 Milliarden Euro auf die CO2-Differenzierung. Nicht berechnet werden hingegen die Belastungen für die Unternehmer. Div. Transporteure und Logistiker meinen, „LKW finanzieren die Schiene“, so der Bundesverband Spedition und Logistik DSLV.
Null-Emissions-Logistik: CO2-Aufschlag führt zur Verdoppelung der LKW-Maut | trans.info
2. Höhere Maut löst höhere Logistikkosten aus
Die Neuregelungen im Bundesfernstraßenmautgesetz belastet Unternehmen im Transport- und Logistikwesen. Nach Berechnungen der IHK Gera kommen auf die Wirtschaft damit zusätzliche Kosten von jährlich 7,62 Mrd. Euro zu.
Unbestritten muss die höhere Maut zu einem erheblichen Anstieg der Frachtraten im Straßengüterverkehr führen, der am Markt in den Lieferketten auf Industrie, Handel und am Ende auf die Verbraucher überwälzt wird, so der Verband. Aber nicht alle Unternehmen werden automatisch neue Preise durchsetzen können. Insofern wird die neue Maut Erträge mindern und u.U bereits enge Liquidität der Unternehmen angreifen. Dann ist der Weg zu einer Krise des Unternehmens nicht mehr weit.
https://trans.info/de/co2-aufschlag-doppelte-lkw-maut-333975
3. Werkzeuge für LKW / Sanierungswerkzeuge für die Transportbranche
LKW können repariert werden. Kränkelnde Unternehmen können saniert werden. Und dafür gibt es zahlreiche Werkzeuge:
Nach dem „Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ (ESUG) aus 2013 war das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFOG) zum 01.01.2021 die nächste „große Sanierungsreform“. Das SanInsFOG beinhaltet neben dem „Unternehmensstabilisierungs- und –restrukturierungsgesetz“ (StaRUG) weitreichende gesetzliche Anpassungen im Bereich der InsO und des COVInsAG. Die Restrukturierungsmaßnahmen nach dem dt. „Schutzschirm“ gemäß § 270d InsO und der präventive Restrukturierungsrahmen nach StaRUG sind inzwischen im offensiven Wettbewerb mit dem englischen „Scheme-of-Arrangement“ und dem niederländischen „Wet Homologatie Onderhands Akkoord“ (WHOA).
4. Erfahrungen mit dem präventiven Restrukturierungsrahmen seit 01.01.2021
Der präventive Restrukturierungsrahmen ist das Kernstück des StaRUG und wird inzwischen mehr und mehr angewandt, nicht nur im „Leoni-Verfahren“. Es handelt sich um ein (vorinsolvenzliches) gerichtsarm ausgestaltetes Sanierungsinstrument. Strukturell siedelt sich der Restrukturierungsrahmen zwischen dem Insolvenzplanverfahren, welches ebenso einer Mehrheitsentscheidung der Gläubiger bedarf, und der außergerichtlichen Sanierung, die nur im Konsens aller Gläubiger erfolgen kann, an.
Der Restrukturierungsrahmen steht allen Unternehmen offen, die „nur“ drohend zahlungsunfähig i.S.v. § 18 InsO sind. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Das SanInsFOG bestimmt den Prognosezeitraum auf regelmäßig 24 Monate.
Das Restrukturierungsvorhaben wird maßgeblich durch den Restrukturierungsplan (§§ 4 ff. StaRUG) geprägt, wobei die Planinitiative vom Schuldner ausgehen muss. Dieser hat das Restrukturierungsvorhaben gem. § 17 Abs. 1 StaRUG nach Maßgabe des vorgelegten Plans durch eigenständige Verhandlungen mit seinen Gläubigern voranzutreiben. Etwaige Vollstreckungs- bzw. Verwertungssperren bedürfen jedoch einer gerichtlichen Anordnung. Zudem kann beim zuständigen Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt werden, dem jedoch, anders als im Insolvenzverfahren, nur eine moderierende Aufgabe zukommt. Das Planangebot des Schuldners steht gem. § 18 StaRUG unter der Bedingung, „dass sämtliche Planbetroffene zustimmen oder der Plan gerichtlich bestätigt wird“. Um zu verhindern, dass ein Restrukturierungsvorhaben an dem Widerstand einzelner, z.T. geringfügig tangierter, Gläubiger scheitert, werden die Planbetroffenen entsprechend ihres rechtlichen Status und dem Umfang ihrer Gläubigerstellung in Gruppen eingeordnet, die dann repräsentativ an der Abstimmung über das Planangebot des Schuldners teilnehmen. Innerhalb der einzelnen Gruppen genügt gem. § 25 Abs. 1 StaRUG zur Planzustimmung eine qualifizierte Gläubigermehrheit von 75 Prozent.
5. Aktuelle Fassung der Insolvenzgründe
Durch das StaRUG erhält der Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) eine neue Relevanz. Dieser Tatbestand ist von dem der Überschuldung (§ 19 InsO) abzugrenzen. Die Tatbestände haben mit 24 bzw. 12 Monaten unterschiedlich lange Prognosezeiträume. Der drohenden Zahlungsunfähigkeit, die zwar das Recht zur Stellung eines Insolvenzantrags begründet, nicht jedoch die Pflicht hierzu, wurde ein Prognosezeitraum hinzugefügt, welcher sich regelmäßig auf 24 Monate beläuft. Das ist bei der Überschuldung nach § 19 InsO anders; dort wurde der für die Fortführungsprognose dort maßgebliche Zeitraum auf 12 Monate reduziert. Zu betonen ist, dass bei Eintritt der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit eine (strafbewehrte) Insolvenzantragspflicht besteht.
Ferner bleibt die Pflicht, den Insolvenzantrag „ohne schuldhaftes Zögern“ zu stellen. Demgegenüber wurde die „Höchstfrist“, die sich „vor SanInsFoG“, ebenso wie bei der Zahlungsunfähigkeit, auf drei Wochen belief, bei Überschuldung auf sechs Wochen verlängert, § 15a Abs. 1 S. 2 InsO. Zu beachten ist, dass eine Ausreizung dieser Frist nur zulässig ist, wenn die realistische Chance besteht, die Überschuldung innerhalb von sechs Wochen abzuwenden. Anderenfalls ist bereits vor „Fristablauf“ unverzüglich ein Insolvenzantrag zu stellen.
6. WICHTIG — HAFTUNG: Zahlungsverbote nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, § 15 b InsO
Die Insolvenzverschleppungshaftung des § 823 Abs. 2 i.V.m. § 15a InsO ist für jeden Geschäftsleiter wichtig und mitunter gefährlich. Im Wege des SanInsFOG wurden spezialgesetzlich verstreuten Zahlungsverbote ebenso wie die Ersatzpflicht im Falle eines Verstoßes in Form des § 15b InsO einheitlich und zentral geregelt. Wenngleich die jüngere Rechtsprechung des BGH die Position des Geschäftsleiters stärkt, birgt eine Betriebsfortführung in der Krise dennoch ein hohes Risiko. Zahlungen, vor allem auf – ungesicherte – Dienstleistungen müssen stets genau überlegt werden. Einzelne Zahlungen könnten trotz Insolvenzreife nach § 15b „privilegiert“ sein. Es kommt auf den Einzelfall an.
Während der Insolvenzantragsfrist des § 15 a Abs. 1 S. 1 InsO gilt die Zahlungsprivilegierung gem. § 15 b Abs. 2 S. 2 InsO nur, wenn parallel dazu Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters getätigt werden. Eine solche Maßnahme könnte beispielsweise die Beauftragung eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts sein. An der Regelung des § 15b Abs. 2 S. 2 InsO lässt sich die allgemeine Intention des Gesetzgebers erkennen. Im Vordergrund steht die Entschärfung der Geschäftsführerhaftung, die jedoch mit Blick auf die ihr entgegenstehenden berechtigen Drittinteressen einer Einschränkung bedarf. Der Gesetzgeber belässt dem Geschäftsführer auch in diesem schon weit fortgeschrittenen Stadium der Unternehmenskrise die operative Handlungsfähigkeit. Damit geht er ein hohes Risiko zulasten der Gläubiger ein. Zur Eindämmung dieses Risiko wird von dem Geschäftsführer eine besondere Sanierungsbereitschaft erwartet.
Die früher spezialgesetzlich geregelte Erstattungspflicht im Falle einer unzulässigen Zahlung der Geschäftsführung findet sich nunmehr in § 15 b Abs. 4 S. 1 InsO wieder. Sie wurde ebenfalls zwecks Schaffung von Rechtssicherheit und Transparenz näher konkretisiert. Im Gegensatz zu den alten spezialgesetzlich geregelten Erstattungspflichten regelt § 15 b Abs. 4 S. 2 InsO auch den in der Praxis sehr bedeutsamen Fall einer Zahlung, die zwar für die Gläubiger verwertbar ist, deren Gegenwert aber nicht äquivalent ist. Dies begründet keine vollumfängliche, sondern nur eine partielle auf den Differenzbetrag beschränkte Schadensausgleichspflicht. Auffällig ist hier insbesondere die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung. Ebenso wie in § 130 a HGB a.F. und anders als im § 64 GmbHG a.F. spricht der Gesetzgeber von einem „Schaden“. Dies suggeriert, dass der Erstattungsanspruch nunmehr als Schadensersatzanspruch zu klassifizieren ist, sodass er einer D&O Versicherung unterfällt. Dies wird mit Blick auf die Haftung des Geschäftsleiters im (vorläufigen) Eigenverwaltungsverfahren gem. § 276 a Abs. 2, Abs. 3 InsO untermauert.
7. Fazit und Ausblick
Die Reform der Lkw-Maut mit Koppelung des CO2-Ausstoßes an die Maut bedeutet Klimaschutz. Sie führt aber auch zu Belastungen und evtl. einer Krise für Logistik- und Transportunternehmen. Deren zahlreiche Probleme können nicht sämtlich ad hoc gelöst werden. Aber ESUG und StaRUG geben diverse Möglichkeiten für Unternehmer, Gesellschafter und Geschäftsleiter. Neben der außergerichtlichen Sanierung bestehen umfangreiche Optionen einer Sanierung unter Einbindung der Gläubiger – mit und ohne Gericht. Festzuhalten ist, dass es für den sanierungswilligen Unternehmer zahlreiche Varianten gibt. In jedem Fall bedarf es profunder Überlegungen des Unternehmers und eines erfahrenen „Lotsen“ im – nicht ungefährlichen – Fahrwasser einer Krise.
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