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Sorgen vor Gasmangel bei Energieimporteuren und
-unternehmen

29. April 2022

Wirtschaftliche Schieflagen lassen sich durch frühzeitiges Gegensteuern verhindern

Der Ukraine-Krieg zeigt immer tiefere Auswirkungen in allen Bereichen der int. Wirtschaft. Die Bundesregierung sieht das Risiko eines evtl. akuten Gasmangels. Es gilt, Schieflagen und Pleiten, insbesondere von Energieunternehmen und Großimporteuren, zu verhindern. Die Lösung für etwaige Lieferengpässe und Gasknappheit sollen sofortige Preiserhöhungen über die gesamte Lieferkette bis zum Endkunden sein.

Das geht so aus einem Entwurf des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) hervor, der vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Dieser Entwurf ist bereits dem Bundestag als Beschlussvorlage übersandt. Eine baldige Abstimmung ist absehbar.

Änderung des Energiesicherungsgesetzes

Im Gesetzesentwurf sollen einseitige Preiserhöhungen bereits ab Stufe 2 des Notfallplans möglich sein. Insgesamt sind 3 Stufen im EnSiG vorgesehen. Die Stufe 1, die Frühwarnstufe, wurde bereits Ende März ausgerufen. Die Preisanpassung soll künftig in § 24 EnSiG geregelt sein.

Hintergrund der Regelung ist, dass bei verminderten Gasimporten zu befürchten ist, dass die Preise für Gas-Restanten rasant steigen werden. Zur Begründung des Entwurfs führt das Bundeswirtschaftsministerium weiter aus:

„Können die Energieunternehmen die hohen Preise nicht bezahlen, bzw. ihre Verträge nicht erfüllen, drohen finanzielle Schieflagen bis hin zu Insolvenzen. Brechen aber die Energieunternehmen weg, so drohen erste Störungen im gesamten Markt entlang der Lieferkette bis hin zum Letztverbraucher.“

Die Preisanpassung soll zeitlich befristet werden und nur unter strengen Voraussetzungen möglich sein. Zudem sollen alle Energieversorger entlang der Lieferkette, nach Ausrufung der Alarm- oder Notfallstufe (Stufe 2 und 3) das Recht haben, „ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen. Die Preisanpassung ist dem Kunden rechtzeitig vor ihrem Eintritt mitzuteilen.“
Den Kunden wird dann ein Kündigungsrecht eingeräumt, welches jedoch nur unverzüglich ausgeübt werden kann. Sofortiges Handeln wäre daher angezeigt. Soweit die Bundesnetzagentur die Aufhebung des Versorgungsengpasses feststellt, können die betroffenen Kunden wieder die Anpassung des Vertrags verlangen. Eine verpflichtende Rückkehr zum ursprünglichen Gaspreis scheint aktuell nicht vorgesehen.

Abhängigkeit und Lieferengpässe

Sollten die Gaslieferungen aus Russland tatsächlich einseitig und abrupt beendet werden, ohne dass bis dahin Ausweichkapazitäten zur Verfügung stehen, wären Importeure in einer kaum zu beherrschenden Situation. Das liegt vor allem daran, dass mit den russischen Gaslieferanten Langfristverträge geschlossen wurden, auf deren Bestehen und Einhaltung der Liefermengen vertraut wurde.

Die Gasimporteure haben ihrerseits wiederum Abnehmer, u.a. auch Stadtwerke, die grundsätzlich auf vertraglich fixierte Gaspreise bestehen dürften. Millionendefizite sind daher in kürzester Zeit zu befürchten.

Sollten Großimporteure daher gestiegene Gaspreise nicht auf Abnehmer umlegen dürfen, droht mit deren Schieflage oder gar Insolvenz eine Kaskade von Lieferengpässen, die über Abnehmer bis hin zum Endverbraucher durchschlagen würde.

Diskutiert wird zwar auch, ob bei einem Gaslieferstopp von russischer Seite eine Berufung auf höhere Gewalt möglich ist und damit Lieferpflichten grundsätzlich entfallen. Hier gehen jedoch die Meinungen weit auseinander; es dürfte auf das jeweilige Vertragswerk im Detail ankommen.

Bei § 24 EnSiG können sich im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen ergeben. Die Bundesregierung scheint jedoch die Sorge von zahlreichen Unternehmen zu teilen und leistet nunmehr einen wichtigen Vorbau, um einer Gaslieferkrise entgegenzuwirken.

Das Energiesicherungsgesetz wurde seit der Einführung im Jahr 1975 nur unwesentlich verändert. Es beinhaltet die Ermächtigung und Rechtsgrundlage für Regierung und Behörden in Gefahrenlagen Einzelfallentscheidungen zu treffen, die zum Teil weitreichende Bedeutung für Betroffene haben.

Mögliche Reaktionen im Fall eines Gasstops

In jedem Fall ist bei Abhängigkeit von Gas als zentraler Energieversorgung eine hohe Sensibilität notwendig. Analytisches Vorgehen und ggf. auch frühzeitige Beratung sind sinnvoll. Es gibt durchaus sinnvolle Chancen der Sanierung und Reaktion im Falle des Gasstopps. Das gilt für Lieferanten aber auch Abnehmer. Im Fall der Preisanhebung stehen den Betroffenen jedenfalls Rechte zu, auf die sie sich berufen sollten.

Rechtsanwalt Dr. Marc d’Avoine

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